Initiative für soziale Gerechtigkeit Gera

10.05. - Bericht und Bilder von Tag 8

Finale in Berlin

Wenn man bedenkt, daß es gerade mal eine Frist von ca. 24h gab, in der sich evtl. Interessenten auf den Termin Dienstag 11.55 (fünf vor zwölf) Uhr vor dem Brandenburger Tor einrichten konnten, war die Zahl der Anwesenden zu diesem Zeitpunkt (20 Menschen) sehr überraschend.
Wir trafen die Wittenberger wieder, dazu noch einige aus Berlin (u.a. der Diplom-Politiker Roland Klautke, Fred Schirrmacher und ein ver.di-Vertreter), aus Potsdam und aus Lübben.
Etwas verspätet, gegen 12.00 Uhr, machten wir uns gemeinsam auf den Weg zum Bundeskanzleramt. Die Verzögerung entstand dadurch, daß wir aufgrund der Einweihung des Holocaust-Mahnmals von den Polizeikräften ausführlicher über unsere Aktion befragt wurden. Die Befragung endete mit der "Genehmigung" durch einen der Polizisten mit den Worten: "Gegen Hartz IV ist okay."

Unterwegs tangierten wir den Reichstag und machten innerhab der anstehenden Besucherschlange noch einmal offensiv auf unser Anliegen aufmerksam, nur durch Anwesenheit und sanfte Worte. Nach bereits ca. 10 min waren wir am Ziel angelangt. Der Aufenthalt dort dauerte allerdings wesentlich länger. Man war zwar von vornherein bereit, schnell mal unsere gesammelten sieben Petitionen entgegenzunehmen ("irgendwie nehmen wir das mal"), aber nicht bereit, uns eine Empfangsbestätigung auszuhändigen. Grund 1: Die Mitarbeiter der Postannahmestelle hätten keine Zeit dafür, Grund 2 könnten wir überhaupt keine Empfangsbestätigung erhalten, weil wir weder Post noch Kurier sind und nicht einmal einen Formularvordruck für ein Einschreiben-Rückschein bei uns hätten. Nachdem Andreas vehement darauf bestanden hatte, daß er sich wohl als Bote verstünde bzw. als eine Art Kurier wurde von der Eingangs-Wachstube aus noch einmal intensiv telefoniert und irgendwann kam doch ein Mitarbeiter der Postannahmestelle, wenn auch ziemlich angesäuert und ohne jedwedes Verständnis für die Vorgänge, um den Empfang der Petitionen zu bestätigen.

Wir gehen stark davon aus, daß weder der Kanzler noch irgendein Mitglied der Bundesregierung diese Schreiben je zu sehen bekommen wird. Die Art und Weise, uns nicht empfangen zu wollen aus einem Grundsatz heraus, der - zumindest scheinbar - lediglich bürokratische Gründe hat, spricht wohl eine deutliche Sprache über den Umgang der Regierung mit der eigenen Bevölkerung. Selbst die zur Einweihung des Mahnmals extra aus Israel Angereisten, mit denen wir am Rande ins Gespräch kamen, hatten trotz dieses für sie sehr bedeutungsvollen Tages sowohl Interesse, zwei Ohren und vollkommenes Verständnis für unsere Aktion.
Da Pressevertreter nebenbei Einlaß erhielten, um einen Termin mit "Herrn Schröder" wahrzunehmen, können wir auch getrost davon ausgehen, daß der Kanzler bereits wieder von seinem Rußland-Termin zurückgekehrt war.

Mit der Übergabe der Petitionen war die 8 Tage währende Aktion beendet. Doch auch auf dem Rückweg sprachen uns wiederum Menschen an, um uns von ihren Problemen und den Merkwürdigkeiten in diesem Land zu berichten. Davon später ein wenig mehr.
Die Gruppe trennte sich, optimistisch und kraftvoll gestimmt. Die Welle der Solidarität wird weiterfließen, die Woge des Protestes auch. Das haben wir persönlich erfahren und auch alle die, denen wir begegnet sind.
Dies war nicht die letzte Aktion, um auf die Themen Hartz IV, Ausbluten der Städte und Gemeinden, Kinderarmut und all die anderen sozialen Grausamkeiten aufmerksam zu machen.
Wir drei besuchten noch schnell das Bundesministerium für Frauen, Familie, Senioren und Jugend, um dort darauf aufmerksam zu machen, daß der Name in Bundesministerium für Frauen, Bedarfsgemeinschaften, Senioren und Jugend geändert werden müsse, denn schließlich sei die Familie ja abgeschafft worden.
Wir machen uns jetzt auf den Heimweg, aber wir werden wieder kommen nach Berlin. Noch in diesem Jahr. Das haben wir uns in die Hand versprochen. Und wir werden nicht alleine kommen.